Der Westfeldzug

I./JG 26: 10. - 14.05.1940                    Stab JG 51: 10. - 16.05.1940

I./JG 20: 10. - 16.05.1940                    5./JG 27: 10. - 18.05.1940

6. - 8./JG 27 in Wesel                          III./JG 3 in Wesel-West/Ginderich

II./JG 2 in Hamminkeln

Die I./JG 26 stieg am Morgen des 10. Mai 1940 gegen sechs Uhr in Richtung Rotterdam auf, um Vorausjagd und Begleitschutz  für die Ju 52-Luftlandetransporter zu fliegen. Fünfundzwanzig Minuten später gelang Feldwebel Ernst Biegert von der 2. Staffel der erste Luftsieg, als er einen Koolhoven-Doppeldecker südöstlich von Rotterdam abschoß. Den zweiten von insgesamt vier Abschüssen der Gruppe an diesem Tag erzielte Oberleutnant Johannes Seifert (3. Staffel) im gleichen Luftraum gegen einen modernen Fokker XXI-Jäger. Die technische Überlegenheit machte es den deutschen Angreifern leicht, auch wenn eine erhebliche Anzahl von Ju 52 durch den niederländischen Jagdschutz beschädigt bzw. abgeschossen wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links: Ju 52 im Formationsflug (Aufnahme von 1998) Rechts: Zweiter von rechts Josef Priller, mit der I./JG 26 1940 zweimal in Bönninghardt. Er verfaßte in den fünfziger Jahren die erste umfassende Geschwadergeschichte des JG 26. Am Tag der alliierten Invasion (6. Juni 1944) waren er und sein Rottenflieger die zunächst einzigen Piloten, die sich den Invasionstruppen entgegenstellten.

Die anderen drei von Bönninghardt startenden Einheiten hatten mit dem Schutz der Luftlandetruppen im niederländischen Kampfraum sowie anschließender freier Jagd einen ähnlichen Auftrag. Die sechste bis achte Staffel des JG 27 hatte übrigens auf der Hei "Platz machen" müssen und startete von Wesel aus (heutiger Segelflugplatz), allein die fünfte Staffel blieb in Bönninghardt.

Die 6. bis 8. Staffel des JG 27 verlegte am 9. Mai nach Wesel, da der Bönninghardter Platz offenbar  überbelegt war.

In Wesel-Flüren gab es Stromversorgung und feste Gebäude, die Bäume zur Tarnung wurden offenbar zum Teil eigens angepflanzt.

Auch die III./JG 3 griff (ab dem 12. Mai) von Wesel aus in den Westfeldzug ein, allerdings von einer Wiese am linken Rheinufer. Im Hintergrund der linksrheinische Teil der Eisenbahnbrücke, dahinter am Horizont der Kirchturm von Ginderich. Hatten Bönninghardt und Wesel-Flüren wenig feste Infrastruktur auf dem Platz zu bieten, gab es auf dieser Wiese (vermutlich auch "Wesel-West" oder "Ginderich" genannt) überhaupt keine. Das Personal war auf Schiffen im Rheinhafen untergebracht.

Reichsbahn schützt Luftwaffe: Der Zug aus Richtung Geldern donnert über die abgestellten Flugzeuge hinweg. Der heutige rechtsrheinische Segelflugplatz in Flüren war zu diesem Zeitpunkt, wie  offenbar auch alle anderen Flugplätze an der Westfront, voll belegt.

 

 

Die Einwohner von Aengenesch zählten laut einer Chronik am Morgen des 10. Mai fünfundsiebzig Maschinen, die die Bauerschaft in Richtung Niederlande überflogen.

Der zum Nachrichtenzug der I./JG 26 gehörende Alfred Partzsch teilte dem Autor Ende 2004 folgendes mit: „Wir waren in Zelten in der Nähe der Hauptgebäude untergebracht, während unsere LKW´s unter den Bäumen längs der Hauptstraße abgestellt waren. Am 10. Mai landeten viele Ju 52 der Luftlandetruppen in Bönninghardt, die mit zum Teil erheblichen Beschußschäden der niederländischen Flak zurückkehrten."

Werkstattzelte nahe dem Bandolahof. In ähnlichen Zelten war auch das Boden-personal untergebracht.

 

 

 

 

 

Zweiter von rechts Hauptmann Pingel, I./JG 26 im Gespräch mit Adolf Galland, Kommandeur III./JG 26, bereits an der französischen Kanalküste. Pingel wurde während der Luftschlacht um England über Dover abgeschossen und geriet in Gefangenschaft.

Nach der Kapitulation der Niederlande verlegte die I./JG 20 am 16. Mai in Begleitung des Stab/JG 51 nach Eindhoven. Wie die anderen am 10. Mai eingesetzten Luftwaffeneinheiten folgte die Gruppe den schier unaufhaltbaren Bodentruppen weiter nach Westen. Die zwölf Wochen in Bönninghardt sollten sich als die längste Stationierung dieses Geschwaders an einem Ort herausstellen. Ein erster Verlust im Kampfeinsatz trat am 17. Mai ein, als Uffz. Kazmaier von der 2. Staffel in einem Luftkampf über der Insel Walcheren gegen ca. fünfzehn Curtiss-Jäger unterlag. Er wurde bei Goes beerdigt und fand nach dem Krieg seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Ysselsteyn. Seine Gruppenkameraden erzielten in den Folgetagen fünf, anderen Quellen zufolge sieben Luftsiege. Auch die anderen Bönninghardter Einheiten verzeichneten einige Luftsiege und vereinzelte Verluste.

Warte überprüfen die Funkanlage einer Me 109 des JG 26. Das Foto entstand in Bönninghardt während des Westfeld-zuges.

 

 

 

Der Westfeldzug verlief für die Deutschen jedoch erfolgreich und zügig. Vom 14. bis 18. Mai verlegten die Bönninghardter Einheiten nach Eindhoven, später auf belgische und französische Flugplätze, bis Ende Juni die Kanalküste erreicht war. Am 4. Juli, acht Tage nach der Kapitulation Frankreichs, wurde die I./JG 20 aufgelöst und in die III. Gruppe des JG 51 eingegliedert.

Links: Ein Scherenfernrohr gehörte stets zur unentbehrlichen Ausrüstung auf dem Flugplatz.

Rechts: Der manchmal tückische Boden der ehemaligen Alpischen Kuhweide hat wieder ein Opfer gefordert. Die Maschine wird mit Dreibein und Flaschenzug gehievt, um sie zum Abtransport fertig zu machen (Originalaufnahmen).

Szene vom Innenhof zwischen Bandolahof und Werkstatt. Eine weitere bruchgelandete Me 109 harrt ihrer Verwertung auf brauchbare Teile. Im Hintergrund eine Do 17 (links) sowie reger Flugbetrieb über der Hei.

"Top Gun" 1940: Auch die Militärfliegerei blieb ein Anziehungspunkt für die Jugend in und um Bönninghardt. Das Foto entstand am südlichen Abstellbereich (Waldstück bei der Sandgrube).

Auch von Hamminkeln aus wurde während des Westfeldzuges geflogen. Die dort stationierte II./JG 2 flog in dieser Zeit Begleitschutz für Bomber- und Stukaeinheiten. Gegen Kriegsende sollte der Platz offenbar ausgebaut werden, alliierte Aufklärungsergebnisse lassen jedoch den Schluß zu, daß es dazu nicht mehr kam (s. Bericht unten).

Eins der sehr raren Fotos vom Feldflugplatz Hamminkeln: Überschlag der Me 109 des später bekannten "Experten" Julius Meimberg am 12. oder 13. Mai 1940. Das Gehöft in Bildmitte müßte der Hof "Bovenkerk" in der Bauerschaft Kesseldorf sein.

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